Carlos Ruiz Zafon - Das Spiel des Engels

Stellen Sie ein Buch detailliert vor - mit Inhaltsangabe und Ihrem Urteil.
Antworten
sulky2806
Beiträge: 84
Registriert: Di 6. Okt 2009, 19:27

Carlos Ruiz Zafon - Das Spiel des Engels

Beitrag von sulky2806 »

Nachdem ich vom „Schatten des Windes“ restlos begeistert war, habe ich sehnsüchtig auf das „Spiel des Engels“ gewartet.

Grandios natürlich wieder der Schreibstil von Zafon, da gibt es nichts dran zu rütteln. Ich mag einfach Bandwurmsätze, immer unter der Prämisse, dass man sie beim ersten Lesen versteht. Und Zafon, als geborener Erzähler, versteht sich meisterhaft darauf, solche Sätze zu bilden. Von diesem Gesichtspunkt her ist am Spiel des Engels nichts auszusetzen. Im Gegenteil!

Nur: Das allein genügt mir nicht! Zumindest nicht, um damit über 700 Seiten einer vor sich hin dümpelnden Story lesenswert zu machen. Der Grundgedanke, wieder eine Geschichte rund um den Friedhof der vergessenen Bücher zu erzählen, ist natürlich legitim und sicher nicht zu verurteilen. Aber damit wären es für meinen Geschmack genug Parallelen zum Schatten des Windes gewesen. Leider greift aber Zafon fast alle grundlegenden Elemente der Story aus dem Schatten des Windes wieder auf, benutzt neue Namen und baut eine leicht veränderte Rahmenhandlung drum herum, aber das war’s dann auch schon.

Die Geschichte selbst dümpelt bis fast zur Hälfte vor sich hin, bis überhaupt mal so etwas wie Interesse (Ich würde nicht soweit gehen, es Spannung zu nennen) aufkommt, aber das kannte man vom Schatten des Windes schon. Was dann kommt, reißt auch nicht eben vom Hocker. Mehr oder weniger lustlos läuft die Handlung vor sich hin, ohne dass man wirklich einen stringenten roten Faden finden würde, der auf einen Höhepunkt in der Geschichte hinführt. Das Ganze hätte noch ewig so weiterlaufen können, aber an einem gewissen Punkt hatte Zafon wohl selbst den Eindruck, dass es langsam reicht und führt die Geschichte relativ abrupt zu Ende. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Zafon selbst nicht wusste, wo die Geschichte eigentlich hinführen soll, einfach drauflos erzählt hat und irgendwann merkte: Das wird nichts mehr, also schreiben ich jetzt mal eben eine Schluss, damit nicht die Arbeit von 650 Seiten umsonst war!

Schade ist nur, dass durch „Das Spiel des Engels“ nun auch „Der Schatten des Windes“ von seinem Sockel gerissen worden ist. Ich werde wohl kein Buch von Zafon mehr in die Hand nehmen.
Zuckerfee
Beiträge: 3
Registriert: Do 17. Jun 2010, 22:33

Re: Carlos Ruiz Zafon - Das Spiel des Engels

Beitrag von Zuckerfee »

sulky2806 hat geschrieben:Nachdem ich vom „Schatten des Windes“ restlos begeistert war, habe ich sehnsüchtig auf das „Spiel des Engels“ gewartet.

Grandios natürlich wieder der Schreibstil von Zafon, da gibt es nichts dran zu rütteln. Ich mag einfach Bandwurmsätze, immer unter der Prämisse, dass man sie beim ersten Lesen versteht. Und Zafon, als geborener Erzähler, versteht sich meisterhaft darauf, solche Sätze zu bilden. Von diesem Gesichtspunkt her ist am Spiel des Engels nichts auszusetzen. Im Gegenteil!

Nur: Das allein genügt mir nicht! Zumindest nicht, um damit über 700 Seiten einer vor sich hin dümpelnden Story lesenswert zu machen. Der Grundgedanke, wieder eine Geschichte rund um den Friedhof der vergessenen Bücher zu erzählen, ist natürlich legitim und sicher nicht zu verurteilen. Aber damit wären es für meinen Geschmack genug Parallelen zum Schatten des Windes gewesen. Leider greift aber Zafon fast alle grundlegenden Elemente der Story aus dem Schatten des Windes wieder auf, benutzt neue Namen und baut eine leicht veränderte Rahmenhandlung drum herum, aber das war’s dann auch schon.

Die Geschichte selbst dümpelt bis fast zur Hälfte vor sich hin, bis überhaupt mal so etwas wie Interesse (Ich würde nicht soweit gehen, es Spannung zu nennen) aufkommt, aber das kannte man vom Schatten des Windes schon. Was dann kommt, reißt auch nicht eben vom Hocker. Mehr oder weniger lustlos läuft die Handlung vor sich hin, ohne dass man wirklich einen stringenten roten Faden finden würde, der auf einen Höhepunkt in der Geschichte hinführt. Das Ganze hätte noch ewig so weiterlaufen können, aber an einem gewissen Punkt hatte Zafon wohl selbst den Eindruck, dass es langsam reicht und führt die Geschichte relativ abrupt zu Ende. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Zafon selbst nicht wusste, wo die Geschichte eigentlich hinführen soll, einfach drauflos erzählt hat und irgendwann merkte: Das wird nichts mehr, also schreiben ich jetzt mal eben eine Schluss, damit nicht die Arbeit von 650 Seiten umsonst war!

Schade ist nur, dass durch „Das Spiel des Engels“ nun auch „Der Schatten des Windes“ von seinem Sockel gerissen worden ist. Ich werde wohl kein Buch von Zafon mehr in die Hand nehmen.
ok.....das werde ich mir dann wohl sparen..... :|
Benutzeravatar
Paulina
Beiträge: 163
Registriert: Sa 19. Jun 2010, 12:34

Re: Carlos Ruiz Zafon - Das Spiel des Engels

Beitrag von Paulina »

Zuckerfee hat geschrieben: ok.....das werde ich mir dann wohl sparen..... :|
Versuch es, Zuckerfee!
Mein Eindruck ist ein etwas anderer! :wink:

Carlos Ruiz Zafón:

Das Spiel des Engels

Spanischer Originaltitel: El Juego del Ángel
Aus dem Spanischen von Peter Schwaar
S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
ISBN 978-3-10-095400-8

Nach der Lektüre von „Der Schatten des Windes“ wartete ich mit Ungeduld auf diesen Roman, und meine Freude war natürlich groß, als ich ihn endlich in den Händen hielt.

Tja…
Hier sitze ich nun, und es ist mir noch nie so schwer gefallen, ein Buch zu rezensieren. Vermutlich liegt das daran, dass ich nicht alles verstanden habe. Es ist ungleich komplizierter in seinen Handlungssträngen und ungleich philosophischer in seinen Dialogen, und ich habe es nicht so mit der Philosophie. :wink:

Die Handlung und die damit einhergehende Atmosphäre durch die Schilderung verwunschener Orte und eines düsteren Barcelona sind zuweilen morbide und mystisch. Ich hatte beim Lesen ständig das Gefühl, mich zwischen Realem und dunkler Phantastik zu bewegen, und verstärkt wird dieser Eindruck durch eine der Hauptpersonen. Es ist dies der ominöse Verleger Andreas Corelli, den keiner kennt, der schon lange tot sein soll, und der es dennoch schafft, dass der junge glücklose Schriftsteller David Martin für ihn ein Auftragswerk schreibt, in dem er eine neue Religion erfindet und beweist, dass Religion nichts weiter als ein Instrument zur Manipulation der Menschen ist. Und damit noch nicht genug, schafft es Corelli, dass David ein reicher Mann wird und dass er spontan innerhalb eines Moments von seinem Hirntumor geheilt ist.
In einer Rezension wird spekuliert, ob man die Initialen A.C. (Andreas Corelli) als Anti-Christ deuten kann. Ich bin geneigt, es ebenso zu sehen, denn seit der Bekanntschaft mit Corelli erlebt Martin Dinge, die einen Menschen normalerweise in den Wahnsinn treiben. Eine Blutspur von mysteriösen Morden säumt seinen Weg, so dass er selbst an sich zu zweifeln beginnt.

Gerade die Dialoge zwischen Martin und Corelli, waren es, die ich zu einem großen Teil nicht verstand. Ich muss anderen Rezensenten Recht geben: Sie waren weitschweifig und kompliziert, und weniger davon hätte dem Roman sicher gut getan.
Die kraftvolle Sprache Zafóns machte an anderer Stelle wieder einiges gut, und sie versöhnte mich ebenfalls mit dem rätselhaften Schluss des Romans. Als ich das Buch beiseite legte, hoffte ich auf einen dritten Roman, praktisch eine Fortsetzung, die mir dieses Ende erklärt.

Während des Lesens versuchte ich hin und wieder, den Roman in ein bestimmtes Genre einzuordnen, was mir nicht gelang. Er hat Zutaten aus Horror-, Liebes-, Kriminal- und Fantasy-Geschichten. Sagen wir doch statt des Versuchs einer Kategorisierung einfach: Es ist ein spannendes Buch, das trotz der vielen teilweise unübersichtlichen Handlungsstränge zu fesseln vermag.

Fazit: Ein durchaus lesenswertes, spannendes Buch.
Ich werde die 720 Seiten noch einmal lesen müssen. Vielleicht verstehe ich dann mehr und kann meine Rezension um dieses oder jenes ergänzen.
Antworten