Christian Mørk: Darling Jim [3 Sternchen]

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Cabriofahrerin
Beiträge: 24
Registriert: Do 25. Jun 2009, 14:01

Christian Mørk: Darling Jim [3 Sternchen]

Beitrag von Cabriofahrerin »

Sex and Crime, Mystery und Psycho

Christian Mørk beginnt sein Buch mit einem grausamen Mord in einem Haus in Dublin: "Sklavenschwestern von eigener Tante ermordet". Er erzeugt gruselige Spannung und legt hier Handlungsstränge, die viele Lösungsungen ermöglichen und Höchstspannung auslösen.
Danach sackt der Leser in ein literarisches Loch.
Im Ort taucht ein ausnehmend hübscher Mann auf, der ein auffälliges rotes Motorrad fährt. Er wird zum Anziehungspunkt aller Frauen einschließlich der Zwillingsschwestern und der Tante.
"Darling Jim", so nennt ihn eine Geliebte, erzählt in den örtlichen Lokalen Geschichten. Mørk beschreibt das Äußere Jims mit den Attributen eines Wolfs. Diese geben Jim den Charakterzug eines reißenden Tieres.
Die Gruselgeschichte, die Jim zum Besten gibt fasziniet die Frauen. Der begehrte Jim nutzt seine bevorzugte Situation voll aus, indem er sich mit allen Frauen, die sich ihm freiwillig anbieten, sexuell vergnügt; manche tötet er sogar. Auch mit Fiona, eine der Nichten treibt er es, und ihre Schwester Aoife vergewaltigt er.
Dieser Teil des Buches zieht sich über ca. 150 Seiten hin. Teilweise hat mich die Handlung nicht sonderlich interessiert, teils hat mich die sprachlich niveaulose, manchmal ordinäre Wortwahl angeödet.
Da mich das Buch aber am Anfang so fasziniert hatte, hielt ich mir vor Augen, dass Christian Mørk ja doch irgendwie gut und spannend schreiben kann, und hoffte, dass es vielleicht irgendwo wieder besser werden würde. Also weiter lesen ...
Und tatsächlich wir erfahren, warum die Nichten bei ihrer Tante im Haus leben und wie es zu dem entsetzlichen Blutbad kommen konnte.
Diesen Teil des Buches hat Mørk sprachlich besser und spannend ausgestaltet. Die logische Handlung um die drei Schwestern, die Jim töten, ist stimmig.
Wir sind wieder im Mordhaus
Hier rundet sich der Krimi und nimmt den Spannungsbogen und die Handlungsstränge des Anfangs gekonnt wieder auf. Die Erwartungen an einen mitreißenden Krimi. erfüllen sich doch noch.
Schließlich gelingt es Christian Mørk im letzten Teil, "Der gelähmte Prinz", Fantasy und Reality zu verknüpfen - und das sehr überzeugend und glaubwürdig.
sabatayn76
Beiträge: 65
Registriert: So 16. Aug 2009, 16:43

Re: Christian Mørk: Darling Jim [3 Sternchen]

Beitrag von sabatayn76 »

Inhalt:
Der neugierige Postbote Desmond entdeckt eines Tages durch den Briefschlitz die Leiche von Moira Walsh. Kurz darauf werden auch die Leichen zwei ihrer Nichten gefunden, die auf qualvolle Weise ums Leben gekommen sind. Wer ist für ihren Tod verantwortlich? Welche Verbindung besteht zwischen den drei Frauen und dem mysteriösen Jim Quick, der eines Tages in Malahide auftaucht und mit seinem Charme und seinen Schauergeschichten für viel Verwirrung sorgt?

Mein Eindruck:
Der Psychothriller von Christian Mørk beginnt spannend, weist aber bereits früh inhaltliche Inkonsistenzen und sprachliche Verirrungen auf. Im weiteren Verlauf wird der „Psychothriller“ dermaßen langweilig, dass ich ganze Seiten lediglich überflogen habe. Vor allem das Märchen, das Jim erzählt, ist sehr zäh. Die Tagebuchaufzeichnungen der Schwestern wirken aufgesetzt, nicht authentisch und wenig nachvollziehbar. Hier werden kleinste Kleinigkeiten erwähnt, obwohl gleichzeitig immer wieder geschrieben wird, dass nicht mehr viel Zeit zum Leben bleibt. Das wirkt alles völlig konstruiert, die Zeit war genau ausreichend, um unnütze Informationen einzubauen und dann im letzten Moment mit der Geschichte fertig zu werden. Ich habe eigentlich nur weiter gelesen, weil ich auf die Auflösung der Morde gespannt war, doch auch dies war eine herbe Enttäuschung.

Beispiele für sprachliche Verirrungen und sinnfreie Phrasen:
„Als man sie fand, war sie in eine schmutzige Decke gewickelt, wie ein Hund, den man ausgepeitscht hatte.“.
„(...) er glänzte, als wäre er mit Perwoll gewaschen (…) worden.“.
„Denn mein Handy hatte die ganze Nacht lang lauter gesummt als Courtney Loves Vibrator.“.
„(...) trug Trauerkleidung, die so schwarz war, dass selbst die Raben in unserem Garten neidisch geworden wären.“.
„Origami des Satans“.

Mein Resümee:
Ich mag Märchen und lese auch gerne gute Thriller. Außerdem liebe ich das Genre des Magischen Realismus (solange Sachverhalte geschickt und überzeugend geschrieben sind), bin also durchaus für eine Verwebung von Realität und Fiktion offen. Doch „Darling Jim“ ist mit Abstand das schlechteste Buch, das ich seit langem gelesen habe. Mørk verbindet einen flachen Plot und das völlige Versagen sprachlicher Fertigkeiten zu einer konstruierten und unglaubwürdigen Geschichte. Absolute Zeitverschwendung!
Patty
Beiträge: 25
Registriert: Di 12. Apr 2011, 18:02

Re: Christian Mørk: Darling Jim [3 Sternchen]

Beitrag von Patty »

Das Buch ist einfach spannend, sogar bis zur letzten Seite. Die Handlung ist sehr interessant und durch die verschiedenen Perspektiven meisterhaft erzählt. Es ist die richtige Mischung aus Psychothriller und Fantasy, als reinen Psychothriller kann ich das Buch nämlich nicht bezeichnen, dafür ist es zu unrealistisch und ein Hauch von Übersinnlichem weht durch das ganze Buch. Die Personen allerdings waren mir zu überzogen und haben oftmals sehr undurchdacht gehandelt, normalerweise hätte man anders reagieren müssen. Aber genau das macht ja den Reiz des Buches aus.

Gefühle gibt es eine Menge in dem Buch - Hass, Eifersucht, Besessenheit, sexuelle Abhängigkeit, Gewalt, Selbstzerstörung. Aber die Liebe hat mir persönlich gefehlt, denn die war in meinen Augen einfach nicht vorhanden, abgesehen von der Geschwisterliebe zwischen den drei Schwestern. Jim hat keinen geliebt und er wurde auch nicht geliebt, das war eher Besessenheit oder purer Sex, den er mit seinem Charme und seiner Anziehungskraft sehr gut für sich einsetzen konnte. Ich mag ja nunmal Bücher, in denen es knistert, wahrscheinlich ist es hier dann genau das richtige für die reinen Thriller Leser, die es nicht mögen, wenn die Geschichte durch Liebesbeziehungen verweichlicht wird.

Die verschiedenen Perspektiven waren genial, man war immer in der Geschichte drin und durch die unterschiedlichen Erzählweisen wurde es nie langweilig, sie änderten sich genau zur richtigen Zeit. Mir hat Niall nur so leid getan, da versucht er auf eigene Faust, hinter die Geschichte zu kommen und wird nur missverstanden, geschlagen und verfolgt - das war mir persönlich zu viel des Bösen. Und vor Mary Catherine muss man sich ja jetzt schon in Acht nehmen - was wird wohl aus ihr mal werden, sie war mir jetzt schon sehr unheimlich.

Was mir auch nicht so gut gefallen hat, ist das permanente Verschweigen von Straftaten. Niall hätte nicht auf eigene Faust losgehen dürfen, sondern das Buch eigentlich der ermittelnden Polizei zeigen sollen. Aber die Polizei kommt in dem Buch ja auch nicht besonders gut weg, die Beamten, die man da kennen lernt, sind allesamt ein Witz und nicht besonders gut in ihrem Job. Auch das Handeln der Schwestern konnte ich nicht ganz nachvollziehen, wobei es Fiona eine ganze Zeit lang versucht hat, die Polizei auf die Tätigkeiten von Jim aufmerksam zu machen. Wenn man natürlich nur solche Erfahrungen mit den Ordnungshütern macht, dann kann ich allerdings ihre Handlungen schon eher verstehen.

Das Märchen in der Geschichte passte wunderbar in das Buch, es war nicht zu lang und nahm auch nicht die Spannung raus, ganz im Gegenteil, genau wie die Anhänger von Jim konnte auch ich als Leser die Auflösung kaum erwarten.

Das Buch fährt einige harte Geschütze auf, ist aber auch relativ unblutig - das Augenmerk war wirklich mehr auf die Psyche gelegt, die sich aus dem charismatischen Charakter von Jim ergibt. Ich kann es nur jedem empfehlen, der keine Liebesgeschichte erwartet, sich aber gerne in eine packende, vielschichtige Story hineinversetzen möchte.
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