Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

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subechto
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Registriert: Mi 18. Feb 2009, 22:10

Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

Beitrag von subechto »

Ein Albtraum!

Merete Lynggaard, eine junge erfolgreiche Politikerin wird entführt, wacht in einem kargen Raum wieder auf und erfährt nicht, was die Täter mit ihr vorhaben.

Stattdessen wird sie psychisch gefoltert: erst völlige Dunkelheit, dann ein Jahr lang Licht an und danach wieder Dunkelheit, zusätzlich wird an ihren Geburtstagen der Luftdruck jeweils um 1 bar erhöht, weil sie den Entführern folgende Frage nicht zu deren Zufriedenheit beantworten kann: "Warum haben wir dich in dieses Verlies eingesperrt?"

Nach fünf Jahren ist die Spur der Polizei eigentlich kalt. Nur zwei Ermittler, Carl Mørck, Spezialermittler des neu eingerichteten Sonderdezernats Q bei der Kopenhagener Polizei und sein syrischer Assistent Hafez el-Assad beschäftigen sich noch mit diesem "Cold Case".

Doch Merete lebt und ihre Entführer kennen kein Erbarmen. Wird Merete an dieser grausamen, unmenschlichen Isolationshaft zerbrechen? Wer sind die Täter? Was sind ihre Motive?

In zwei Handlungssträngen schildert der Autor einerseits das Martyrium von Marete, andererseits die Ermittlungen der Polizei.

Jussi Adler-Olsen hat mit Erbarmen, den ersten Teil einer spannenden Thriller-Reihe geschrieben, mit einem sympathischen, durchaus menschlichen Ermittler-Duo.

Leider hat das Werk in der Mitte - wie so viele Bücher - Längen. Außerdem sind die Täter etwa 100 Seiten vor Schluss bekannt, was das Lesevergnügen etwas trübt. Dennoch gelingt es dem Autor die Spannung bis zum obligatorischen Showdown zu halten.

Die Idee zu Erbarmen ist wirklich perfide und hebt sich - meiner Meinung nach - positiv vom heutigen Serienmörder-Einheitsbrei ab. Auch die Auflösung und Beschreibung der Druckkammerbehandlung sind tauchtechnisch korrekt und allgemein verständlich.

Ich freue mich schon jetzt auf den 2. Fall :-)
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goat
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Re: Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

Beitrag von goat »

Meine Meinung: Jussi Adler-Olsen hat mit seinem Thriller "Erbarmen" ein gelungenes Debüt hingelegt. Der Kriminalbeamte Carl Morck wird bei einem Einsatz schwer verletzt. Noch schlimmer getroffen hat es seine beiden Kollegen - Anker wird getötet und Hardy liegt querschnittsgelähmt im Krankenhaus (keine Angst, ich nehem nichts von der Geschichte vorweg. Dies wird bereits im ersten Kapitel des Buches erwähnt).
Dem Chef der Mordkommission ist der traumatisierte und nicht leicht zu händelnde Beamte im Weg und somit wird er kurzerhand in den Keller einquartiert und darf sich mit Fällen beschäftigen, die schon mehrere Jahre alt sind und noch immer ungelöst. Die einzige Hilfe, die ihm zur Seite steht ist Assad, sein putzender Asssistent.

Gemeinsam beschäftigen sie sich mit dem Fall Merete Lynggaard. Die Politikerin ist seit fünf Jahren spurlos verschwunden. Es wird vermutet, dass sie von einer Fähre ins Wasser gestürzt und ertrunken ist. Ihre Leiche jedoch wurde nie gefunden. Im Gegensatz zur Polizei weiß der Leser um Meretes Verbleib und genau hier gefriert einem das Blut in den Adern. Wie lange überlebt Merete noch in ihrem schrecklichen Verlies. Wer sind die Entführer und was haben sie mit ihr vor?

Der Schreibstil des Autors ist spannend und flüssig zu lesen. Seine Protagonisten sind sehr gut beschrieben und kommen sympathisch rüber. Ich freue mich schon jetzt auf einen weiteren Fall von Morck und seinem völlig gegensätzlichen Assistenten. Der Hauptaugenmerk der Geschichte liegt eher auf den Ermittlungen als auf den Szenen mit Merete. Und da ich unbedingt wissen wollte, was mit Merete passiert, habe ich immer ganz atemlos weitergelesen.
Schon gleich zu Beginn des Buches habe ich darüber nachdenken müssen, wie der Autor die Situation mit dem querschnittsgelähmten Kollegen Hardy löst. Hier kam für mich leider kein zufriedenstellendes Ergebnis raus. Aber die Figuren stehen ja erst am Anfang und werden sich in den Folgebänden sicherlich weiter entwickeln.
Etwas enttäuscht bin ich nach Beenden des Buches vom Cover, welches auf den ersten Blick zwar spannend aussieht aber im Nachhinein hat die zerbrochene Kette überhaupt nichts mit der Geschichte zu tun. Sowas finde ich immer sehr schade.

Der Thriller bekommt von mir 4 von 5 Sternen. Den Stern Abzug gibt es von mir allerdings wegen der Vorhersehbarkeit des Falles. Es war schon recht früh klar (zumindest für mich), wer hinter der Erführung steckt. Ich denke, daran könnte der Autor noch ein wenig feilen.
Alles in allem aber ein toller Thriller und bestimmt nicht mein letzter aus der Reihe.
Wirklich reich ist, wer mehr Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann!

www.leserattenbuecherforum.de
Patty
Beiträge: 25
Registriert: Di 12. Apr 2011, 18:02

Re: Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

Beitrag von Patty »

Merete Lynggard verschwindet von einer Fähre - und keiner hats gesehen. Carl Morck verschwindet als Chef im Keller - und keiner will ihn sehen. Die Parallelen zwischen den beiden sind nicht zu übersehen, beide sind gefangen, die eine in einem luftdichten Raum, der andere in sich selbst. Nach den traumatischen Erlebnissen einer Schießerei bei einem Einsatz, bei dem ein Kollege umgekommen und ein weiterer querschnittsgelähmt zurückbleibt, kommt Morck, der nur leicht verletzt wurde, wieder in den Dienst zurück. Von Schuldgefühlen zerfressen ist es mit ihm nicht auszuhalten, so bekommt er eine neugegründete Abteilung Q, die sich um ungelöste Fälle kümmern soll. Sein einziger Mitarbeiter ist Assad, ein Syrer, hochintelligent und geheimnisvoll. Das Zusammenspiel der beiden reizt immer wieder zum Lachen, eigentlich hatte Carl überhaupt keine Lust sich um die Fälle zu kümmern, aber Assad reizt ihn durch hingeworfene Bemerkungen und stachelt seinen Ehrgeiz an, sich mit den Fällen zu befassen.

Fast sofort kann Carl Ungenauigkeiten in der Bearbeitung des Falles Merete Lynggard feststellen, er rollt den Fall wieder auf und kommt auch schnell zu neuen Ergebnissen. Nebenbei hilft er noch durch gezielte Hinweise einen aktuellen Fall zu lösen und er kümmert sich auch noch um seinen Freund, der im Krankenhaus liegt.

Das Buch ist spannend, ein echter Pageturner, aber als gewiefter Thrillerleser weiß man spätestens ab der Mitte, warum Merete im Bunker ist. Aber das schadet dem Buch überhaupt nicht, die Ermittlungen sind allemal spannend und man hat ja auch noch das untypische Gespann Carl und Assad, das immer wieder für Überraschungen sorgt.

Ein bisschen unglaubwürdig ist die Zeit im Bunker, die Merete übersteht. Nach so langer Zeit ohne die Möglichkeit sich die Haare zu waschen und die Zähne zu putzen, dem Schlafen auf reinem Beton muss eigentlich mehr mit dem Körper passieren. Wenn man dann noch überlegt, dass sie immer die gleichen Sachen anhat, kann man sich gar nicht vorstellen, wie sie aussehen und auch riechen müssen. Für mich eine eindeutige Schwachstelle, denn jeder kann sich denken, dass es so nicht funktioniert hat. Eine weiter Schwachstelle ist für mich Carls Ehefrau - warum lässt er sich von ihr soviel gefallen? Für mich völlig unverständlich.

Aber ansonsten ist es ein gelungener Auftakt, hoffentlich wird der nächste Band auch noch übersetzt. Es ist doch immer wieder spannend, alte Fälle aufzurollen und hier haben wir es auch noch mit ein paar ganz gewieften Charakteren zu tun, von denen noch viel zu erwarten ist.
sabatayn76
Beiträge: 65
Registriert: So 16. Aug 2009, 16:43

Re: Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

Beitrag von sabatayn76 »

Kein Erbarmen für Merete Lynggaard

Inhalt:
Der dänische Autor Jussi Adler-Olsen steigt abrupt in die Geschichte der Gefangenhaltung und Folter der Parlamentsabgeordneten Merete Lynggaard ein. Der Leser befindet sich so von der ersten Zeile an inmitten des Geschehens und damit inmitten des Grauens.

Jahre später rätselt Carl Mørck von der Kopenhagener Polizei, wie es zum Verschwinden von Merete kam. Die Erklärung, dass sie ertrunken ist, kann und will er nicht glauben. Für ihn sieht das Ganze weder wie ein Suizid noch wie ein Unfall aus. Zu viele Personen sind verdächtig und es gibt zu viele plausible Gründe für ein Gewaltverbrechen.

Mein Eindruck:
Nach einem sehr vielversprechenden Einstieg ebbt die Spannung wieder ab, und die Geschichte verliert an Fahrt. Dabei liest sich der Thriller zwar flüssig und unterhaltsam, aber wirklich fesseln kann er nicht. Dies ändert sich auf den letzten 50-100 Seiten, denn obwohl mir lange klar war, wer der Täter ist, baut der Autor so viel Spannung auf, dass man den Thriller nicht mehr aus der Hand legen kann.

Was mir weniger gut gefallen hat, waren die unrealistischen Schilderungen des Autors: Ein Mann, der eigentlich zum Kaffeekochen und Bodenwischen eingestellt wurde, erfährt plötzlich Details aktueller Ermittlungen? Ebendieser bringt die Polizei auf Ideen, auf die erfahrene (und anscheinend auch gute) Ermittler nie gekommen wären? Merete lebt jahrelang in pausenloser Dunkelheit, Helligkeit bzw. Dämmerlicht und weiß dennoch ganz genau, welchen Tag wir gerade haben?

Mein Resümee:
Spannend, wenn auch sehr brutal und oft sehr unrealistisch.
beedy
Beiträge: 43
Registriert: Fr 15. Jul 2011, 10:42

Re: Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

Beitrag von beedy »

Inhalt:
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Merete ist eine aufstrebende, gern gemochte Politikerin, die ihr Privatleben von der Öffentlichkeit rigoros abschottet. Zuhause muss sie sich nämlich um ihren erwachsenen Bruder kümmern der nicht spricht und geistig wie ein Kind agiert.
Ein Wochenendausflug nach Berlin soll für beide ein schönes Erlebnis werden, doch auf der Fähre verschwindet Merete plötzlich. Niemand hat etwas gesehen und lange Zeit wird auch ihr Bruder verdächtigt Merete ins Meer gestoßen zu haben. Die Spuren verlaufen aber im Sand und so wird der Fall zu den unaufgelösten Akten gelegt.
Die Jahre vergehen und ein Politiker bemüht sich, dass die alten Fälle wieder aufgerollt werden. So entsteht das Sonderdezernat Q und Carl Moerck übernimmt eher gezwungener Maßen die Leitung. Carl gibt sich desinteressiert und am Polizeijob hat er nur mehr noch wenig Lust. Dies alles geht auf seinen letzten Fall zurück, bei dem ein Kollege starb und ein anderer von nun an querschnittsgelähmt bleiben wird. Seine Motivation ist also dahin. Zur Unterstützung wird ein Mann namens Assad eingestellt, der Mädchen für alles sein soll, damit sich Carl ganz auf die Fälle konzentrieren kann. Assad ist aber der einzige, der sich auch für die Fälle interessiert, im Besonderen für den Fall Merete. Da Carl gegenüber seinem Chef aber Ergebnisse bringen muss, beginnt er in dem Fall zu ermitteln. Was zu diesem Zeitpunkt aber niemand ahnen kann: Merete lebt! Die Frage ist nur, wie lange noch?


Meine Meinung:
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Das Buch teilt sich in zwei Handlungstränge, zum einen kann man Carl und Assad beim ermitteln folgen und zum anderen gibt es Abschnitte über Merete, die seit Jahren in einem Bunker leben muss und menschenunwürdig dahinvegetiert. Teils lebt sie ein Jahr lang ohne elektrisches Licht und dann wieder ein Jahr lang in völliger Helligkeit.

Am spannensten waren natürlich die Passagen über Merete und wie sie mit dem Psychodruck umgehen kann. Als Leser hat man absolut keine Ahnung, warum gerade Merete diese Isolation ertragen muss. Folgt man aber den Handlungen von Carl, bekommt man schon einen besseren Einblick in das Leben von Merete und man stellt seine eigenen Vermutungen an. Interessant war natürlich, wie Merete mit dieser Situation umgeht und wie viel der Mensch aushalten kann.

Carl plagt sich auch mit seinen Problemen rum und scheint resigniert zu haben. Er legt eine gewisse Lethargie an den Tag und versucht es nicht allen recht zu machen. Nach dem dienstlichen Vorfall kämpft er sich wieder in das Leben zurück, nur haben sich seine Sichtweisen geändert.
Assad ist motiviert und engagiert sich gerne. Zu anderen Personen hat er einen guten Draht und kann teilweise mit seinem Wissen überzeugen oder auch überraschen.

Insgesamt sind Carl und Assad ein nettes Duo, das sich gut ergänzt. Besonders Assad sticht hervor und tut der Geschichte gut. Auf mich wirkten keine der Personen nervig und ich habe ihnen ihre Rolle abgekauft. Was mich aber etwas stört, ist die Tatsache, dass der Entführer von Merete so ca. am Anfang des letzten Drittels bekannt ist. Ebenso sein Motiv, welches ich aber wieder an den Haaren herbeigezogen finde. Gut, es kann durchaus so sein, dass will ich nicht unterstellen. Aber dennoch bleibt mir beim Lesen ein kleiner Beigeschmack, weil ich mir als Grund für die Entführung und die Psychofolter einfach mehr erwartet habe.

Der Stil ist nicht schlecht und manchmal kann man einen feinsinnigen Humor erkennen, aber dennoch ist mir die Auflösung etwas platt erschienen. Die Szenen von Merete sind gut gewählt und tragen zur Stimmung bzw. zur Spannung bei. Trotzdem konnte mich das Buch nicht so richtig überzeugen. Deshalb gib es auch nicht die volle Punkteanzahl, da ich noch viel Luft nach oben sehe und das Ermittlerduo sich erst richtig zusammenfinden muss. Ich finde das Buch okay ohne mich wirklich vom Hocker zu reißen. Spannend ja, aber nachhaltig kann sich die Geschichte nicht im Kopf verankern.
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