Blanca Busquets - Die Woll-Lust der Maria Dolors

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goat
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Blanca Busquets - Die Woll-Lust der Maria Dolors

Beitrag von goat »

Autor: Blanca Busquets
Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors
Originaltitel: El jersei (Rosa del Vents/Random House Mondadori S.A., Barcelona 2006)
Erschienen: 1. Januar 2011
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN10: 3423248165
ISBN13: 978-3423248167
Seitenanzahl: 280

[isbn]3423248165[/isbn]


Autorenportrait:
Blanca Busquets, 1961 in Barcelona geboren, arbeitet seit 1986 als Fernseh- und Radiojournalistin für Televisió de Catalunya und Catalunya Ràdio, wo sie diverse Kulturprogramme moderiert. Nach mehreren preisgekrönten Erzählungen und ihrem Romandebüt ›Presó de Neu‹ (2003) hat sie mit ›Die Woll-Lust der Maria Dolors‹ die Herzen aller Generationen erobert.


Inhaltsangabe:
Still sitzt sie in ihrer Ecke im Wohnzimmer und strickt emsig vor sich hin. Seit einem Schlaganfall lebt Dolors bei der Familie ihrer jüngsten Tochter Leonor. Bis auf ihren Enkel Martí behandeln die Familienmitglieder die alte Frau jedoch wie ein Möbelstück, denn sie kann nicht mehr sprechen und sich nur noch durch Gesten verständigen. Aber Dolors ist weder blind noch taub geworden. Sie hat nach wie vor einen scharfen Verstand und es zudem faustdick hinter den Ohren. Während sie für ihre 16-jährige Enkelin einen wundervollen Pullover in leuchtenden Farben strickt, entgeht ihr nichts von dem, was in dieser scheinbar normalen Familie vor sich geht. Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst …


Eigene Meinung: Angesprochen hat mich der zweideutige Titel des Buches ebenso wie die Schlichtheit des Covers. Zunächst könnte man noch denken, dass es hier wirklich nur um das Thema stricken geht, zumal auf dem Cover ja auch ein Strickkorb abgebildet ist. Aber nach und nach wird der Titel immer passender, denn auch Dolors hat es faustdick hinter den Ohren.

Die 85-jährige ist nach einem Schlaganfall stumm und die ehemals sehr selbständige Frau muss Wohl oder Übel dem Drängen ihrer Tochter nachgeben und zu ihr ziehen. Alleine in einer Wohnung ohne der Sprache mächtig zu sein, das ist nicht mehr tragbar. Das Leben mit den beiden Enkelkindern und ihrer Tochter, sowie dem Schwiegersohn gestaltet sich nicht immer so einfach. Außer ihrem Enkel Martí scheint es niemandem aufzufallen, dass sie nur stumm aber keinesfalls taub ist. Natürlich erfährt sie so vieles, von dem die Familie annimmt, sie bekommt es nicht mit. Aber möchte Dolors das auch immer?

Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass es in dieser Geschichte einzig um Dolors geht. Um ein Thema, was heute leider sehr aktuell ist - alte Leute auf dem Abstellgleis. Stattdessen geht die Autorin auf jede einzelne Figur ein. Nicht nur die Gegenwart wird behandelt - auch die Gegenwart. Leider gehen die Erzählungen fließend ineinander über, sodass nicht immer gleich offensichtlich ist, wo man sich gerade befindet.

Die beiden letzten Sätze des Klappentextes "Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst" treffen den Nagel auf den Kopf. Jede, aber auch wirklich jede Figur hat etwas zu verbergen. Ich bin enttäuscht, was die Autorin aus einem eigentlich perfekten Ausgangsthema gemacht hat. Eine Seifenoper in der ARD ist noch harmlos dagegen. Auf 280 Seiten wird wirklich jedes Klischee bedient. Viel mehr Probleme hätte Blanca Busquets wohl auch nicht mehr in ihren Roman quetschen können.

Es tauchen folgende Probleme auf: Magersucht, Schlaganfall, Mobbing mit Erpressung, Kinderpornografie, Seitensprünge mit Partnern die fast halb so alt sind (bei mehreren Figuren), Homosexualität (auch bei mehreren Figuren) und sogar vor Mord wird nicht zurück geschreckt. Das war in meinen Augen etwas zuviel des Guten. Ein Thema richtig ausgearbeitet wäre richtig gut gewesen. So bleibt aber nur ein schaler Nachgeschmack. Ich habe bei der Vergabe der Sterne zunächst noch zwischen zwei und drei geschwankt. Aber jetzt, wo ich die Geschichte ein paar Tage habe sacken lassen, kann ich leider nur zwei Sterne vergeben. Schade eigentlich!
Wirklich reich ist, wer mehr Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann!

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Kesseziege
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Re: Blanca Busquets - Die Woll-Lust der Maria Dolors

Beitrag von Kesseziege »

Klappentext:
Still sitzt sie in ihrer Ecke im Wohnzimmer und strickt emsig vor sich hin. Seit einem Schlaganfall lebt Dolors bei der Familie ihrer jüngsten Tochter Leonor. Bis auf ihren Enkel Martí behandeln die Familienmitglieder die alte Frau jedoch wie ein Möbelstück, denn sie kann nicht mehr sprechen und sich nur noch durch Gesten verständigen. Aber Dolors ist weder blind noch taub geworden. Sie hat nach wie vor einen scharfen Verstand und es zudem faustdick hinter den Ohren. Während sie für ihre 16-jährige Enkelin einen wundervollen Pullover in leuchtenden Farben strickt, entgeht ihr nichts von dem, was in dieser scheinbar normalen Familie vor sich geht. Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst …

Meine Meinung:
Nach dem den Klappentext gelesen habe, dachte ich, ich hätte es mit einem lockeren, unterhaltsamen Roman zu tun, der sich ganz gut lesen lässt.
Zunächst einmal die Handlung:
Dolors, die früher mit beiden Beinen im Leben stand, muss nach einem Schlaganfall zu ihrer Tochter und dessen Familie ziehen. Dort bekommt sie allerdings recht wenig Beachtung, außer von ihrem Enkel, der ihr viel mehr zutraut als alle anderen.
Während Dolors nicht mehr in der Lage ist sich sprachlich zu verständigen, beobachtet sie die Familie mit Argusaugen und bekommt so ziemlich alles mit, was sie nicht mit bekommen sollte.
Mir fiel es unheimlich schwer mich mit diesem Buch an zu freunden. Ich fand es stellenweise sehr übertrieben dargestellt, zumindest was Dolors Meinung über die Personen anging. Sie macht sich ihre eigenen, teilweise sehr extremen Gedanken und diese Gedankensprünge kann der Leser mit verfolgen. Mal springt sie in die Vergangenheit ihres Lebens, dann wieder in die Gegenwart und nicht zuletzt grübelt sie über ihre Strickerei nach.
So entdeckt der Leser, dass auch Dolores keine „Unschuld vom Lande“ ist und jeder so sein Geheimnis mit sich rum schleppt. Auch erzählt dieser Roman ein wenig, wie sich Ansichten verändern und Generationen sich weiter entwickeln.
Etwas irritiert hat mich allerdings, das Dolors in der Geschichte nicht mit ihrem Vornamen Maria genannt wird, sondern immer nur Dolors, das wirkte sehr fremd und unpersönlich auf mich.
Die Handlung an sich hat eine Menge Potenzial und hätte vielleicht etwas mehr Feingefühl dargestellt werden können, denn im Grunde genommen sollte man den Humor hier eher sarkastisch sehen, da die Situation an sich auf seine Art und Weise recht traurig ist.
Anhand des eigenwilligen Titels und auch des heiter gestalteten Covers habe ich mir allerdings etwas mehr versprochen.

Fazit:
Trotz der geringen Seitenzahl von 278 Seiten kam mir das Buch trotzdem langatmig vor. Manches Mal wollte ich genervt abbrechen und habe mich dennoch weiter gequält, um dann vom Ende noch überrascht zu werden. Aber auch das Ende konnte mich nicht wirklich überzeugen. Diese Geschichte hatte in meinen Augen durchaus genug Potenzial, wurde aber anhand diverser Übertreibungen für mich unnötig ins Lächerliche gezogen.
Laut Klappentext hat Blanca Busquets die Herzen aller Generationen bezaubert. Meins leider nicht.
Dennoch bekommt das Buch von mir 3 Sterne. Einfach weil ich es aus irgendeinem Grund weiter gelesen habe, statt abzubrechen und weil ich die Grundidee dieses Romans sehr gut fand. Vielleicht lag es einfach an dem Stil der Autorin, dass mich das Buch nicht berührte, ich kann diesmal einfach nicht genau ausdrücken, woran es im Grunde genommen lag. Mir war die Erzählweise einfach zu flach und ich hatte aufgrund des Titels, etwas mehr Witz und Humor erwartet.
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