funthoma hat geschrieben:Hallo - ich bin abgemahnt worden und muss mich gewerblich anmelden.
Wieso das denn? Müssen muß niemand etwas. Abmahner sind Leute, die anderen einen Schrecken einjagen und damit einen finanziellen Vorteil erlangen wollen. Vergleichbar etwa mit der Mafia, die einen großen Teil ihres Umsatzes mit Schutzgelderpressungen erzielt.
funthoma hat geschrieben:Wer weiss Bescheid, welche AGB`s ich angeben muss und wie ich Abmahnungen vermeiden kann (was ich z. B. nicht machen, bzw. schreiben darf. Ob ich meine Steuernummer angeben muss, ob ich als Privatanbieter weiter gelten darf (ich habe nur endlos Bücher, aber kein Geschäft)
Ich würde erst einmal tief Luft holen und die Sache überschlafen. Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man solch einen Erpresserbrief in Händen hält, weil ich selber einen bekommen habe. Die Konsequenzen für mich waren sofort klar: Entweder ich wehre mich oder ich mache den Laden dicht. Zahlen wollte und konnte ich nicht.
Daraufhin habe ich mich ein bißchen schlauer gemacht in Bezug auf die Abmahnszene, die mir natürlich nicht verborgen geblieben war. Ich habe auch versucht herauszufinden, wer mir da schreibt und wer der angebliche Auftraggeber ist. Das Ergebnis war sehr interessant.
Der Anwalt war so unbedarft, über die Aktennummer Einblick in seine Geschäftsverhältnisse zu gestatten. Im September hatte er erst etwa ein Dutzend Mandate, und das in einer Gegend, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Daraus konnte ich schließen, daß die laufenden Mandate vermutlich keine großen Erträge abwerfen würden. Dieser Anwalt war also echt in Not. Zwar war seine Frau in Lohn und Brot, aber er selbst hätte natürlich nach vielen Jahren Berufspraxis ebenfalls ein angemessenes Einkommen verdient.
Seine angebliche Auftraggeberin, die daran Anstoß genommen hatte, daß sich an irgend einer versteckten Stelle ein überholter Hinweis gefunden hatte, aus dem dann gewaltsam eine Abmahngrund konstruiert wurde, war mit dem Anwalt und dessen Frau beruflich verbunden. Es handelte sich also vermutlich um eine Art Gefälligkeitsdienst. Der Anwalt war demnach ein Anfänger, kein professioneller Abmahner, einer, der es auch mal versuchen wollte.
Nach einem Tag und diesen Erkenntnissen entschloß ich mich, es auf einen Prozeß ankommen zu lassen. Für den Richter müßte es unmittelbar klar werden, daß es hier um eine Erpressung ging. Da ich mit deutschen Richtern überwiegend gute Erfahrungen gemacht hatte in dem Sinne, daß diese sich darum bemüht hatten, eine gerechte Lösung zu finden, rechnete ich mir gute Gewinnschancen aus. Die Rechtskosten mußte ich nicht befürchten, da ich ohnehin Prozeßkostenhilfe hätte beantragen müssen.
Ich schrieb also dem Anwalt freundlich zurück und bedankte mich für den Hinweis auf den Lapsus, dem ich natürlich sofort nachgegangen sei. Im übrigen lehnte ich den angeforderten Ausgleich der Kostennote als unberechtigt ab. Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Merke: Es ist immer schlecht, wenn man sich ins Bockshorn jagen läßt. Ich würde sogar sagen, daß es ein Kennzeichen des erwachsenen Menschen ist, unangenehmen Dingen furchtlos ins Auge zu blicken und wenn nötig, den Kampf aufzunehmen.
Es ist meines Erachtens sogar Bürgerpflicht, diesen Kleinkriminellen Widerstand entgegenzusetzen, weil man allenfalls andere, die bisher gezögert haben, ebenfalls ermutigt, sich auf diesen Weg zu begeben. Man darf nicht vergessen, daß die Leute, die auf der Seite des Rechts stehen, eine gewisse Affinität zu denen haben, die auf der anderen Seite sind. Wenn man einen Verbrecher fangen will, muß man sich in einen Verbrecher hineinversetzen, also selber verbrecherisch denken, fühlen und handeln können. Das gilt natürlich auch für die Juristen. Diese werden von ihren Mandanten häufig dazu benutzt, diejenigen zweifelhaften Instrumente einzusetzen, die die Mandanten selber nicht benutzen würden. Der Jurist soll Druck machen, ein vermeintliches Recht durchsetzen, wobei es meistens um Geld geht.
Einer der Gründer von SUN hat mal erzählt, wie eine Truppe von schwarzgekleideten Juristen von IBM aufkreuzte, SUN der Patentrechtsverletzung beschuldigte, einen Scheck über eine zweistellige Millionensumme rüberreichte und eine Unterschrift verlangte. Als die Leute von SUN den Vorwurf bestritten, konterten die Juristen cool (sinngemäß): "Wollen Sie, daß wir nochmal zurückfahren und wiederkommen? Wir haben 34.000 Patente, wir werden da schon etwas finden!" Wenn das nicht Erpressung ist?
Der berühmteste Abmahnanwalt Deutschlands ist bekanntlich inzwischen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Wir brauchen mehr davon, dann brauchen wir keine Gesetzesänderung mehr. Die Gesetze sind nämlich eine Sache, die Auslegung der Gesetze eine andere, und über die Auslegung der Gesetze entscheiden unter anderem die Gerichte. Dabei können die Richter sich natürlich ebenfalls irren; deshalb gibt es das Instrument der Berufung, wo ein offensichtliches Fehlurteil schnell kassiert werden kann (in letzter Zeit berühmt geworden ein Urteil zu einem eBay-Kauf, das Schlagzeilen machte und in der nächsten Instanz sofort kippte).
Deshalb müssen wir alle, die wir betroffen sind oder betroffen sein könnten, Rückgrat zeigen und dürfen auf gar keinen Fall in Panik geraten, uns der Angst hingeben und womöglich uns selbst noch unter Druck setzen. Was Dich betrifft: Du könntest den Text des Schreibens online stellen und wir könnten im einzelnen durchdiskutieren, wo man dem Kerl die Sache um die Ohren hauen könnte und wie man das am besten anstellt.
Den ersten richtigen Fehler hat der erwähnte Abmahnanwalt gemacht, als er den prominenten und in der Gemeinschaft beliebten Autor von SELFHTML abmahnte. Dieser konnte das Kostenrisiko natürlich auch nicht tragen, hatte aber ein anständiges Einkommen, konnte also nicht auf Prozeßkostenhilfe hoffen. Daraufhin wurde eine Sammlung im Internet veranstaltet. Der Prozeß bekam natürlich eine entsprechende Publizität und der Anwalt wurde in Düsseldorf erstmals voll abgewatscht. Das reichte dem aber nicht, und schließlich fand sich jemand, der ihn in Berlin vor Gericht annahm, wo er dann verknackt wurde.
Das schreckt den richtigen Kriminellen natürlich nicht ab; er glaubt selbstverständlich, daß der anderen nur Fehler gemacht hat und er selbst klüger ist. Tja, wenn wir uns gegen das Böse nicht wehren würden, würde es überhandnehmen. Deshalb haben wir eine Polizei und ein Rechtswesen. Man muß allerdings davon Gebrauch machen. Nur in den seltensten Fällen wird der Staat von selbst tätig.
funthoma hat geschrieben:Wie ist das mit dem Ausland?
Damit würde ich mich gar nicht erst befassen. Wer so argumentiert, ist ohnehin nicht ganz dicht. Wo sind wir hier eigentlich? Im Kindergarten? Ob ich privat bin oder gewerblich, entscheide ich und niemand sonst. Wer meint, daß ich schwarz gewerblich tätig bin, soll mich anzeigen. Mit Abmahnungen darf der mir nicht kommen. Siehe auch meine Beiträge auf
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